Luxemburger Wort für Wahrheit und Recht

„Man kommt an dieser katholischen Tageszeitung nicht mehr vorbei“ stellte der langjährige Direktor des „Luxemburger Wort“, Abbé André Heiderscheid 1986, fest. Diese Aussage war wohl schon damals mehr als eine Untertreibung, denn die größte Tageszeitung Luxemburgs, „Das Luxemburger Wort für Wahrheit und Recht“ (LW), wie ihr vollständiger Titel lautet, hat seit dem Zweiten Weltkrieg eine wichtige Stellung auf dem luxemburgischen Pressemarkt und ist dank ihrer großen Verbreitung und inhaltlichen Ausrichtung ebenso beliebt wie umstritten. Chefredakteur des in der Stadt Luxemburg ansässigen Blattes, das von 2005 bis zum März 2008 unter dem Kurznamen „d'Wort“ erschien, ist Marc Glesener, der seine Karriere 1992 als Lokalredakteur bei der Zeitung begann. Glesener löste Anfang 2010 den langjährigen Chefredakteur Léon Zeches ab, der seit 1986 an der Spitze der Radaktion gestanden hatte.
Das „Wort“, wie die Luxemburger die Zeitung liebevoll nennen, hatte im ersten Quartal 2010 eine Auflage von 68.995 Exemplaren und erreichte so gut 44 Prozent der Luxemburger Bevölkerung. Die von Montag bis Samstag erscheinende Zeitung ist durchschnittlich circa 80 Seiten stark. Die Artikel sind hauptsächlich auf Hochdeutsch verfasst, aber etwa ein Viertel erscheint auf Französisch und nur etwa zwei Prozent auf Luxemburgisch. Bei Letzteren handelt es sich allerdings größtenteils um Unterhaltungstipps und auch Lokal- und private Anzeigen sind fast ausschließlich in der ersten Landessprache verfasst. Auffällig ist, dass besonders im Kulturressort die französische Sprache überwiegt, was laut Redaktion auf den starken Einfluss der französischen Kultur und Lebensart in Luxemburg zurückzuführen ist. In anderen Ressorts findet sich dagegen häufig eine Sprachmischung, etwa in der politischen Auslandsberichterstattung. Dass die deutsche Sprache vorrangige verwendet wird, ist aber keine Ausnahme in Luxemburg, sondern vielmehr eine historisch gewachsene Begebenheit, die im Großteil der nationalen Printmedien zu finden ist. Für die Journalisten bedeutet sie allerdings ein Herausforderung: ob nun Deutsch oder Französisch, die Autoren schreiben immer in einer Fremdsprache, was sich zwar auch hin und wieder am Stil erkennen lässt, nichtsdestotrotz aber eine Aufgabe darstellt, die viele ihrer europäischen Kollegen wahrscheinlich nicht einmal annährend so gut meistern würden, wären sie gezwungen, dauerhaft in einer anderen als ihrer Muttersprache zu publizieren.
Das „Luxemburger Wort“ ist neben dem liberalen „Lëtzeburger Journal“, dem sozialistischen „tageblatt“, und der kommunistischen „Zeitung vum Lëtzburger Vollek“ die größte und einflussreichste luxemburger Tageszeitung. Im Verhältnis zu seiner Einwohnerzahl von rund 460.000 Bürgerinnen und Bürgern hat Luxemburg eine auffallend vielfältige Print- und Medienlandschaft, die durch ausländische Presseprodukte, die aufgrund der Mehrsprachigkeit im Land fast flächendeckend vertrieben werden, noch erweitert wird. Allerdings bieten sich für Luxemburgische Presseprodukte kaum Expansionsmöglichkeiten, da sie im Ausland auf geringes Interesse stoßen und der heimische Markt klein ist. Um diese ökonomischen Probleme auszugleichen, wird die luxemburgische Presse seit 1976 vom Staat subventioniert. Die so genannte Pressehilfe setzt sich aus zwei Teilen zusammen, bei dem der erste Teil aus einem für alle Zeitungen gleichen Sockelbetrag besteht und der zweite Teil im Verhältnis zur Seitenzahl an die einzelnen Blätter verteilt wird. Dies geschieht ohne Rücksicht auf die Auflagenhöhe, damit auch kleinere Blätter profitieren. Die Tageszeitungen erhalten dabei jährlich eine Millionen Euro, das Gesamtbudget der Pressehilfe liegt bei über sechs Millionen Euro pro Jahr. Die Pressehilfe fördert aber nicht nur die Pluralität auf dem Pressemarkt, sondern stellt auch sicher, dass jede Partei Luxemburgs ein Sprachrohr zur Verfügung hat. Die luxemburgische Presse ist nämlich, im Gegensatz zur Zeitungslandschaft in den Nachbarländern, fast ausnahmslos eine Gesinnungs- und Tendenzpresse („presse d´opinion“). Jede Zeitung steht einer Partei nahe – es wird von der „befreundeten Presse“ gesprochen - und dementsprechend unterschiedlich sind die einzelnen Blattlinien. Die Luxemburger Zeitungen sind allerdings keine Parteizeitungen im eigentlichen Sinne, da sie bereits im 19. Jahrhundert vor „ihren“ Parteien bestanden und im 20. Jahrhundert maßgeblich an deren Gründung beteiligt waren. Das „Luxemburger Wort“ überlässt der ihr nahe stehenden Christlich Sozialen Volkspartei (CSV) seit 1974 ganze Seiten unter dem Rubriktitel „CSV Profil“ und in den meisten Zeitungen des Landes nehmen parteibezogenen Leitartkiel einen größeren Raum ein als in ausländischen Blättern. „Sie stellen“ so der Luxemburgische Journalist und Autor Romain Hilgert „zumindest aus der Sicht der Redaktion noch immer die Flagschiffe in den politischen Schlachten dar“.
Dem „Luxemburger Wort“ wird daher häufig seine marktbeherrschende Stellung angekreidet, weil daneben wenig Raum für andere politische Meinungen bleibe. Dies war immer wieder Gegenstand von Debatten und veranlasste den damaligen Generaldirektor Paul Zimmer zu fragen: „Sind Zeitungen mit vielen Lesern denn verdächtiger als Politiker mit vielen Wählern? Warum denn nicht gleich eine Quotenlösung einführen, bei der man diejenigen auslost, die noch das ‚Wort’ lesen dürfen, während den übrigen im Interesse von Pluralismus und Demokratie eine andere Zeitung zugeteilt wird?“. Doch nicht nur die politische Linie der Zeitung scheint bei der mehrheitlich katholischen Bevölkerung Luxemburgs auf Sympathie zu stoßen, Kritiker loben das „Luxemburger Wort“ besonders für den sachlichen Stil, die inhaltliche Vollständigkeit - und für die ausführliche internationale Berichterstattung, die den größten Teil des Politikressorts einnimmt und der Zeitung zu internationalem Renommee verhalf.

Basisdaten

Hauptsitz:
2, rue Christophe Plantin
L-2988 Luxembourg

Herausgeber:
Saint-Paul Luxembourg s.a.
2, rue Christophe Plantin
L-2988 Luxembourg

Chefredakteur: Marc Glesener
Chefredakteur wort.lu: Fernand Morbach
Generaldirektor: Paul Lenert

 

Tab. I: Auflagenentwicklung 2003-2010
20032004200520062007200820092010
Auflage81.94781.46181.00379.63373.53472.19071.02369.995
Bezahlte Auflage74.62374.08673.39771.77871.69270.37869.27768.303

Quelle: CENTRE D'INFORMATION SUR LES MEDIAS 2010

Leser letzter Erhebungszeitraum: 44% der ansässigen Bevölkerung über 15 Jahren oder 175.800 tägliche Leser (TNS Plurimédia 2008)

Geschichte

Der langjährige Chefredakteur Léon Zeches schrieb 1998 über die historische Bedeutung seiner Zeitung: „Luxemburgs Geschichte des 19. und 20. Jahrhundert sähe sicher anders aus, hätte es nicht oft den maßgeblichen Einfluss der katholischen Presse und insbesondere des Luxemburger Wort gegeben. Die Position und der Einfluss dieser Zeitung und ihres Verlagshauses können nur jenem voll verständlich sein, der die Rolle kennt, die die katholische Presse in der Geschichte und Gegenwart gespielt hat und noch heute spielt.“
Das „Luxemburger Wort“ erschien erstmals drei Tage nach der Abschaffung der Zensur in Luxemburg durch König-Großherzog Willhelm II, am 23. März 1848 Die erste LW-Nummer legte damals programmatisch die Leitlinien fest, die nach Aussagen der Zeitungsmacher auch heute noch Gültigkeit besitzen: Die Zeitung richtet sich an alle Bürger und Schichten des Landes, informiert entsprechend der Ausrichtung für „Recht und Freiheit“ auf der religiösen Weltanschauung basierend und zugleich „religiös duldsam“ und dem Wohl des Landes verpflichtet.
Zunächst hatte es die neu gegründete Zeitung nicht leicht und es mussten sich einige Generationen schreibfreudiger Katholiken gegen Schließungsandrohungen und Anschuldigungen wegen „revolutionärer Umtriebe“ wehren – kurz, die liberalen Kräfte des 19. Jahrhunderts legten dem christlichen geprägten Blatt einen Stein nach dem anderen in den Weg. Vor Ausbruch des Deutsch-Französischen Kriegs war das „Wort“ dann aber erstmals auflagenstärkste Zeitung Luxemburgs, die Auflage sank danach allerdings wieder aufgrund weiterer Presseprozesse und wachsender Konkurrenz. Nicht nur mit den Liberalen lieferte sich das „Wort“ erbitterte Kämpfe in jenen Jahren, auch die aufkommenden sozialistischen Parteien wurden zu Widersachern des Blattes. 1914 entstand die katholische Rechtspartei, an deren Gründung auch das „Luxemburger Wort“ großen Anteil hatte, und die 1919 die absolute Mehrheit im Parlament erlangte. Im Ersten Weltkrieg erschien das „LW“ zeitweilig nur noch zweimal wöchentlich und in kleinerem Format, weil die deutschen Befehlshaber nach der Weigerung des „Worts“, deutschlandfreundliche Artikel zu publizieren, die Papierzufuhr stark gedrosselten. Nach dem Ersten Weltkrieg wuchs das Blatt dennoch erheblich und erlangte eine große Verbreitung in Luxemburg, 1922 hatte es eine Auflage von 27.000 Abonnenten. In diesen Jahren erschienen auch die ersten Photoproduktionen und die neue Beilage „die Frau“. Im Jahre 1932 veröffentlichte das LW außerdem erstmals die kulturell-literarische Beilage „Die Rundschau“, aus der nach dem Zweiten Weltkrieg 1948 „Die Warte“ wurde.
Die christliche Rechtspartei etablierte sich in den Zwanziger und Dreißiger Jahren zusehends und wurde massiv vom LW unterstützt. Zwar wurde das „Wort“ nie offiziell zur Parteizeitung, hatte aber mit rund 50.000 Abonnenten Mitte der Dreißiger Jahre eine publizistische Meinungsmacht im Lande, die seinesgleichen suchte. Die Zeitung gewann zusehends an geistigem und politischem Einfluss.
1937 kam es in Luxemburg zu einem Referendum, mit dem das bereits erlassene Ordnungsgesetz gegen die Kommunistische Partei zum Scheitern gebracht wurde. In der so genannten „Maulkorbaffäre“ spielte das LW faktisch die Rolle der Parteizeitung. Das „Wort“ verbreitete den Standpunkt der Regierung, die sich ihrer politischen Gegner entledigen wollte. Doch die Luxemburger Bevölkerung entschied dagegen.
Wie auch bei anderen christlichen Zeitungen gab es beim „Luxemburger Wort“ zwischen den beiden Weltkriegen Anklänge von Antisemitismus, die auch judenfeindliche Tendenzen beinhalteten. Der Politik Hitlers stand man in der Redaktion des „Wort“ zunächst zustimmend gegenüber, besonders wegen aufgrund der antikommunistischen Ausrichtung. Allerdings stellte sich die Redaktion ab 1934 gegen die Nazi-Ideologie, was die Nationalsozialisten 1938 dazu bewog, über die Römische Kurie gegen das „Luxemburger Wort“ vorzugehen. Nach dem Einmarsch der deutschen Truppen in Luxemburg 1940 wurde das Blatt von den Nazis gleichgeschaltet und in die nationale Propagandamaschinerie einbezogen. Die Zeitung wurde „modernisiert“ und die bis dahin in Fraktur-Schrift gesetzten Artikel erschienen von nun an in gotischer Schrift. LW-Direktor Jean Origer und die Redakteure Batty Esch und Pierre Grégoire wurden von den Nazis verhaftet und kamen im Konzentrationslager Dachau bzw. auf Schloss Hartheim ums Leben. Nur Grégoire überlebte und kehrte 1945 aus der Gefangenschaft im KZ Mauthausen nach Hause zurück. Die auf tragische Weise verstorbenen Mitarbeiter werden auch heute noch von Seiten des „Wort“ als „Märtyrer“ verehrt und immer wieder erwähnt, wenn sich die Zeitung heute gegen Anschuldigungen der Kollaboration wehren muss.
Nach der Befreiung Luxemburgs und somit auch des “ Luxemburger Wort“ im September 1944, titelte die Zeitung „Lëtzebuerg as fräi!“ (zu deutsch: „Luxemburg ist frei!“). Der erste Leitartikel erschien kurz danach Anfang Oktober mit dem Titel „Luxembourg, ville isolée“ („Luxemburg, die isolierte Stadt“). Nach dem Zweiten Weltkrieg stiegt die Auflage schnell auf 60.000 Exemplare und 1972 wurde erstmals die rein französischsprachige Beilage „La Voix du Luxembourg“ veröffentlicht. Sie erschien von nun an regelmäßig und fasste die wichtigsten Beiträge für die frankophone Leserschaft zusammen. Das „Wort“ war wichtigstes Presseerzeugnis im Land. Dennoch wurde die Zeitung immer wieder heftig kritisiert, insbesondere wegen ihrer engen Bindung zur CSV. Die Dreifaltigkeit „Bistum-Wort-CSV’“ (Léon Zeches) gab bisweilen Anstoß zu Anfeindungen und „die kompromisslose, bevormundende klerikale Autorität und ihre dogmatische Borniertheit“ (Manuel Huss) der Journalisten erhitzt noch heute die Gemüter, insbesondere bei Fragen wie dem Abtreibungsrecht oder der Stammzellenforschung, erhitzen. Der Angriff aber, der „das Wort“ am stärksten erschütterte, kam aus den eigenen Reihen. Nach dem Abschluss des zweiten Vatikanischen Konzils (1965) herrschte in der Kirche eine Aufbruchstimmung vor, die den damaligen Bischof Leo Lommel veranlasste, 1972 eine Diözesansynode einzuberufen. Eine Gruppe junger Christen, die sich im Rahmen dessen gebildet hatte, warf in den darauf folgenden Jahren dem LW vor, den christlichen Glauben einseitig zur Verfolgung konservativer politischer Zwecke zu missbrauchen. Sie wollte dem Blatt einen Beirat zur Seite stellen, der den Umgang der Zeitung mit politischen Themen und insbesondere der CSV überwachen und steuern sollte. Dies war auch insofern prekär, da der Bischof selbst Besitzer der überwiegenden Mehrheit der Sankt-Paulus-Druckerei war. Die Anschuldigungen gegen das „Wort“ führten zu langen und heftigen Auseinandersetzungen innerhalb der Synode wie auch innerhalb der Redaktion – doch siegte der Wunsch nach Unabhängigkeit und journalistischer Gestaltungsfreiheit. Diese Feuerprobe ermöglichte es der Zeitung aber schließlich das eigene Profil zu schärfen und zu einer zukunftgerichteten Entwicklungsstrategie zu finden.
Die folgenden Jahre fasst Romain Hilgert, Chefredakteur der luxemburger Wochenzeitung „d’land“, mit Blick auf die christlich-konservative Ausrichtung des Blattes folgendermaßen zusammen: „Die Kathedrale brennt 1985, aber das Wort verliert den Glauben nicht. Es bleibt paternalistisch und proamerikanisch, antiarabisch und ultramontan, mit einem Herz für Diktatoren, wenn sie nur rechts genug sind. Fast immer ist Ruhe erste Bürgerpflicht, sogar als 1969 Neil Armstrong den Mond betritt, aber nicht mehr 1978, wenn die Namen der Deputierten aufgelistet werden, die für die Abtreibungsreform stimmten. Bis am Ende, im Jahr 2000, ein neuer Großherzog vereidigt und Milosevic gestürzt wird. Die Welt also wieder ein Stückchen so geworden ist, wie sie für das Wort sein sollte.“

Verlagsüberblick und Geschäftsfelder

Das „Luxemburger Wort“ gehört der Mediengruppe Saint-Paul Luxembourg S.A. mit Sitz in Luxemburg an. Das Unternehmen entwickelte sich aus der Druckerei Saint-Paul, die heute Teil der Mediengruppe ist und von Beginn an das „Luxemburger Wort“ druckte und verlegte. Die enge Verknüpfung von Druckerei und Zeitung, aus denen sich erst im Laufe der Zeit eigenständige Unternehmenszweige entwickelten, erklärt die Selbstverständlichkeit, mit der die Verbindung zwischen Verlag und Redaktion, wie etwa durch die Positionen Léon Zeches’ als Chefredakteur der Zeitung und Generaldirektor der Mediengruppe, behandelt wird. Im Gegensatz zu anderen Ländern, in denen eine solche Verquickung zu Debatten über redaktionelle Unabhängigkeit führt, stellt dies beim „Wort“ kein Problem dar, da sie historisch gewachsen und legitimiert ist.
Saint-Paul Luxembourg S.A ist, neben dem „Luxemburger Wort“ in Besitz von sechs weiteren Printprodukten, zwei Radiostationen, einer Buchhandlungskette und, wie bereits erwähnt, der größten Druckerei Luxemburgs, in der auch das „Wort“ gedruckt wird. Seit 2007 ist das Unternehmen erfolgreich auf dem Luxemburgischen Gratiszeitungsmarkt mit dem Blatt „Point24“ vertreten. Die Gratiszeitung ist seit April 2009 sowohl auf Deutsch als auch auf Französisch erhältlich. Der Konzern regiert mit dieser Umstellung auf die große Nachfrage nach Gratiszeitungen, so ein Konzernsprecher. Bislang gab es in Luxemburg vor allem französische Blätter, die auch viele Pendler aus den Nachbarländern nutzen, aber aufgrund des Erfolgs erscheint nun auch eine deutschsprachige Ausgabe von „Point24“. Bereits seit 2001 gibt das Unternehmen außerdem die frühere französischsprachige Beilage des LW „La Voix du Luxembourg“ als eigenständige Zeitung heraus.
Der Entwicklung von Internetstrategien und Webseiten durch das neu gegründete „Département Nouveaux Médias“ innerhalb des Unternehmens soll künftig eine wichtige Rolle zukommen. Neue Konzepte für Internet-Dienste und strategische Zielsetzungen für die Erstellung von Webseiten stehen auf dem Programm. Auch der Relaunch des Onlineauftritts des „Luxemburger Worts“ namens „wort.lu“ wurde von dieser Stelle aus mitgestaltet.

Internetpräsenz und Onlinepreformance

Im Oktober 2008 erfolgte eine umfassende Modernisierung des Onlineauftritts, bei der nicht nur das Layout erneuert, sondern auch neue Anwendungen hinzukamen und das inhaltliche Angebot – vor allem durch Meinungsseiten - erweitert wurde. Das Unternehmen Saint-Paul spricht von einem neuen Vermarktungskonzept – letztendlich passt sich „wort.lu“ mit seinem neuen Auftritt nur an längst gängige Formate anderer Onlinemedien an: User können sich registrieren, um Newsletter zu abonnieren, Kommentare zu veröffentlichen oder sich selbst Inhalt zusammen zu stellen, es ist eine Rubrik Vermischtes hinzugekommen und es finden sich mehr Boulevard-Themen. Bilderstrecken, Abstimmungen und andere Tricks zur Steigerung von Klickzahlen dürfen auch bei „wort.lu“ nicht fehlen. Außerdem hat der Leser Zugriff auf aktuelle News, Serviceinformationen sowie Audio- und Video-Dateien. Laut Online-Chefredakteur Fernand Morbach soll zukünftig eine enge Zusammenarbeit zwischen der Print- und der Onlineredaktion angestrebt werden - allerdings zeigt sich diese bislang hauptsächlich in der Übernahme der Zeitungsartikel in den Onlineauftritt. Dennoch verfügt „wort.lu“ über eine eigene, sechs Mitarbeiter starke Redaktion, die eigenständig arbeitet, Nachrichten produziert und mehrmals täglich die Einstiegsseite aktualisiert. Alles in allem unterscheidet sich „wort.lu“ nach dem Relaunch kaum von anderen Ablegern etablierter Massenmedien mit einem Hang zum Boulevardesken, aber besticht durch ein umfangreiches Nachrichtenangebot, das regelmäßig aktualisiert wird. Nach kreativen journalistischen Neuerungen, Hintergrundanalysen oder ökonomisch erfolgreichen Refinanzierungsmodellen sucht man allerdings bislang vergebens.

Aktuelle Entwicklungen

Auch das „Luxemburger Wort“ sah sich in den vergangenen Jahren mit rückläufiger Auflage und schwindender Reichweite konfrontiert. So wurden 1992/93 noch 60 Prozent der Bevölkerung durch die Zeitung erreicht und die Auflage lag im Jahr 1996 bei 87.561 Exemplaren. 2004 wollte man den sinkenden Einnahmen mit einem Relaunch der Zeitung begegnen. Das Format wurde halbiert und die einzelnen Bücher der Ressorts waren fortan getrennt herausnehmbar. Allerdings brachte diese Neuerung nicht den gewünschten Erfolg und eine Untersuchung des Allensbach-Instituts für Marktforschung ergab außerdem, dass die meisten Leser die Zeitung gar nicht auseinander nahmen. So kehrte man 2006 zum ursprünglichen Tabloid-Format zurück. Die Zeitung wurde aber auf zwei Bücher reduziert, was bezwecken sollte, dass das Blatt in seinem dramaturgischen Ablauf wieder mehr als Einheit wahrgenommen wird. Zur übersichtlicheren Gestaltung kam außerdem ein Inhaltsverzeichnis auf der ersten Seite sowie Teaser-Kästen auf allen Ressortaufschlägen hinzu. Typografie, Überschriften und Seitenlayouts wurden im Zuge dieser Überarbeitung kontrastreicher und hierarchischer gestaltet und Infokästen platziert, die dem Leser einen schnelleren Einstieg bieten sollen.
Mit seiner sicheren marktbeherrschenden Stellung, in der es sich weder am Kiosk noch in der digitalen Welt gegen hartnäckige Konkurrenten behaupten muss, ist das „Wort“ bislang nicht gezwungen, schnell nach profitablen Geschäftmodellen zu suchen und Qualitätsstandards im Internet zu sichern. Vielmehr könnten sich die Blattmacher getrost zurücklehnen und die Entwicklungen in den Nachbarländern verfolgen – um später nachzuziehen. Allerdings erkannte schon Paul Werner 1978: „Dieses Gemisch von großer Tradition und ungebrochener, innerer Dynamik macht den anhaltenden Erfolg des ‚Luxemburger Wort’ aus.“ Und eben diese innere Dynamik sollte auch den Weg in die Zukunft des „Worts“ kennzeichnen.

Referenzen/ Literatur

  • Centre d' Information Sur Les Médias, Onlineressource für die Zahlen des Luxemburger Worts
  • Fischbach, Marcel (1973): 125 Jahre Luxemburger Wort. Verjüngung und Strahlung 1948-1973, Druck und Verlag der Sankt-Paulus-Druckerei, Luxemburg
  • Hellinghausen, Georges (1998): 150 Jahre Luxemburger Wort. Selbstverständnis und Identität einer Zeitung 1973-1998, Druck und Verlag der Sankt-Paulus-Druckerei, Luxemburg
  • Hilgert, Romain (2004): Im Dienste einer Idee. Luxemburg ist doch eine Insel, zumindest wenn es um Parteizeitungen geht. In: land.lu
  • Hilgert, Romain (2001): Nachrichtenorgan, Kirchenanzeiger und Kampfblatt, In: land.lu
  • Hirsch, Mario (2002): Das Mediensystem Luxemburgs. In: Hans-Bredow-Institut (Hrsg.): Internationales Handbuch Medien 2002/2003, Baden-Baden, S. 419–425.
  • Huss, Manuel (2008): Verdauungsprobleme beim Luxemburger Wort
  • O.V. (2008): Dossier zum Relaunch von wort.lu, erschienen im Luxemburger Wort vom 1. Oktober 2008, S. 24 f.
  • O.V. (2007): D’Lëtzebuerger Land, Dossier „Médias“
  • Zeches, Léon (2008): Totentanz, In: Luxemburger Wort vom 23.02.2008, S. 3.