Rechtsstreit soll Einheit der Medienanstalten herstellen

09.08.2012

Der Streit um den Wechsel der Lizenz von Sat.1 zur Medienanstalt Hamburg/Schleswig-Holstein (MA HSH) weitet sich aus. Obwohl die Kommission für Zulassung und Aufsicht (ZAK) die Genehmigung erteilte, klagen nun die Landesmedienanstalten gegeneinander. Die Direktorin der rheinland-pfälzischen Landeszentrale für Medien und Kommunikation Renate Pepper erklärte: „Dieser Rechtsstreit soll die Einheit der Landesmedienanstalten wiederherstellen und stärken.“ Es handelt sich dabei um ein für medienpolitisch Unbeteiligte undurchsichtiges Verfahren, bei dem es Insidern zufolge vorrangig um interne Machenschaften geht.
Die Redaktion von mediadb.eu hat die aktuellen Entwicklungen analysiert und wesentliche Erkenntnisse zusammengefasst.

1. Wie kam es zu den jetzigen Klagen?
Im April dieses Jahres gab die Fernsehsenderkette ProSiebenSat.1 bekannt, zum 1. Januar 2013 neue Sendelizenzen für die vier frei empfangbaren Sender ProSieben, Sat.1, Sixx und Kabel eins zu beantragen. Sat.1 stellte den Antrag nicht bei ihrer aktuellen Medienanstalt, der rheinland-pfälzischen Landeszentrale für Medien und Kommunikation (LMK), sondern bei der MA HSH. Formal wechselte zudem die juristische Person der Erlaubnisinhaberin von Tochter- zu Muttergesellschaft. Der Verantwortliche für Recht, Regulierung und Distribution der ProSiebenSat.1 Media AG Conrad Albert begründete diesen Schritt damit, dass die Neulizenzierung rechtlich die seit 2009 übergeordnete Dachorganisation ProSiebenSat.1 TV Deutschland abbilden soll, wobei die Vielfalt der Aufsichtsmeinungen erhöht werden soll.

Die Zulassungskommission ZAK, der die Direktoren der 14 Medienbehörden angehören, genehmigte Ende Juni diesen Wechsel für Sat.1 für einen Zeitraum von zehn Jahren – jedoch nicht einstimmig. Um die Lizenz mit der Lizenzperiode für Drittsendezeiten zu harmonisieren, wurde der Beginn auf den Sommer 2013 (1. Juni) verschoben. Die MA HSH erteilte die Zulassung. Nun legte die LMK beim Verwaltungsgericht Schleswig Klage gegen die Neuerteilung einer Erlaubnis für Sat.1 ein. Auch die hessische Medienanstalt schaltete sich in die Diskussion ein und klagte gegen die Entscheidung der ZAK. Da die ZAK keine eigene Rechtspersönlichkeit besitzt, kann letztlich nur gegen die MA HSH geklagt werden.

2. Was ist Insidern zufolge der eigentliche Grund des Lizenzwechsels?
Insider gehen davon aus, dass der langjährige Streit zwischen Sat.1 und der LMK über die Vergabe von Drittsendezeiten den Wechsel der Medienanstalt provozierte. Seit Jahren wurden die Drittsendeplätze von Sat.1 an den Geschäftsführer von News & Pictures Josef Buchheit sowie an Alexander Kluges dctp vergeben, obwohl Bewerber wie N24 bessere Konditionen geboten hätten. In der FAZ war schon vor fünf Jahren von einem „Mainzer Medienklüngel“ die Rede. Sat. 1 versuchte schließlich, deutliche Abschläge vor allem bei den News-and-Pictures-Formaten „Planetopia“ und „Weck up“ durchzusetzen. Gegen die letzte Drittsendezeitenvergabe laufen noch Verfahren, welche die Medienwächter lieber außergerichtlich geklärt hätten.

3. Welche Positionen vertreten die Kläger?
Die LMK, welche nun ihren größten Sender an eine andere Medienanstalt verlor, ist der Ansicht, dass ein Sender bei einer laufenden Lizenz und einem unveränderten Programm nicht einfach die Medienanstalt wechseln könne. Außerdem sieht die LMK-Direktorin Pepper „die medienpolitisch gewollte Einheitlichkeit der Aufsicht über privaten Rundfunk in ihrer Grundsätzlichkeit auf dem Prüfstand“. Auch die hessische Medienanstalt erwarte vom Gerichtsverfahren „die Klärung grundsätzlicher rundfunkrechtlicher Fragestellungen“. Sie wirft Sat.1 vor, mit der Neulizenzierung neue Vergabebedingungen für das Regionalfenster Rheinland-Pfalz/Hessen erreichen zu wollen. Zusätzlich hat der Mainzer Medienunternehmer Josef Buchheit eine Klage gegen die ZAK-Entscheidung angekündigt. In einem DWDL-Interview machte er deutlich, dass er eine Lizenzerteilung für „nicht bestandskräftig“ halte und dass es seiner Meinung nach Sat.1 nur um Kostensenkungen gehe. Sat. 1 bezieht in dem Rechtsstreit keine Position, da es sich um eine Klage zwischen den Landesmedienanstalten handle.


Mehr dazu:

- Funkkorrespondenz: Sat-1-Lizenzwechsel: Drei Medienanstalten prüfen Klage (03.08.2012)

- DWDL.de: Buchheit: „Sat.1 geht es nur um Kostensenkungen“. (29.07.2012)