Googles Werbeproblem

20.03.2017

Googles EMEA-Chef Matt Brittin. (Jarle Naustvik CC BY 2.0)

Nachdem vergangener Woche bekannt wurde, dass der Guardian, die BBC sowie die international führende Werbeagentur Havas bis auf weiteres keine Anzeigen mehr auf YouTube schalten, ist Google nun um Schadensbegrenzung bemüht und hat Besserung in Bezug auf ungenaue Werbeschaltungen gelobt. Zuvor war es offenbar in einigen Fällen zu einem Versagen von Googles Werbetool Adx gekommen, das Werbung inmitten von Videos platziert hatte, die von Neo-Nazis und islamistischen Predigern hochgeladen wurden. Davon sollen Spots für die britische Regierung, Guardian, BBC, Channel 4 und die Londoner Verkehrsbetriebe betroffen sein. Havas, zu dessen Klienten unter anderem 02, EDF und Royal Mail gehören, wiederum entschied sich bis auf weiteres keine Werbung bei YouTube zu schalten, weil Google der Agentur offenbar nicht glaubhaft versichern konnte, dass solche Fehlschaltungen in Zukunft nicht mehr vorkommen werden.

Es scheint als hätte Google massive Schwierigkeiten, kontroverse Inhalte auf seinen Plattformen zu kategorisieren und entsprechend zu filtern. Das musste heute auch Google selbst einräumen - in Person von Europachef Matt Brittin, der auf einem Branchenevent zu den Vorwürfen Stellung nahm und sich entschuldigte. Brittin, der von "Einzelfällen" sprach, kündigte an, die Regeln, Kontrollmechanismen und Durchsetzung von Löschungen zu überprüfen. Es würden momentan interne Diskussionen darüber geführt, welche Inhalte überhaupt als problematisch gelten, warum werbetreibende Firmen überfordert seien, die Kontrollmechanismen zu benutzen, und wie als problematisch eingestufter Content schneller gelöscht werden kann.

Der Werbeboykott kommt zu einem denkbaren ungünstigen Zeitpunkt für Google. Spätestens seit der US-Wahl ist eine öffentliche Debatte über die Rolle von Internetunternehmen bei der Verbreitung von Hate Speech und Fake News entbrannt. Die bisherige Taktik von Google und Konkurrent Facebook sich öffentlich als reine Technologie-  und nicht als Medienkonzerne zu bezeichnen und die Verantwortung über die Inhalte auf die User zu schieben, droht angesichts der Werbeboykotte nun nicht nur politische sondern auch wirtschaftliche Konsequenzen zu haben. Oder wie es der Chef der größten Mediaagentur der Welt, WPP, formuliert (die bisher dem Werbeboykott noch nicht beigetreten ist): "Wir haben immer gesagt, dass Google, Facebook und andere Medienunternehmen sind und die gleichen Verantwortlichkeiten haben wie andere Medienunternehmen. Sie dürfen sich nicht als Technologieunternehmen ausgeben, insbesondere dann nicht, wenn sie Werbung schalten." Google erwirtschaftet 98 Prozent seines Umsatzes mit Werbung.