Rzeczpospolita

Die „Republik“ – schon dem Namen nach kommt die polnische Tageszeitung „Rzeczpospolita“ staatstragend daher. Nimmt man den gekrönten Adler hinzu, den Wappenvogel der Republik Polen, der die Titelseite ziert, so ist der Eindruck einer offiziellen oder gar amtlichen Publikation schnell komplett. Völlig falsch ist diese Wahrnehmung auch keineswegs. Immerhin hält der polnische Staat 49 Prozent der Anteile am Verlag „Presspublica“, der die „Rzeczpospolita“ herausgibt. Über eine 51-Prozent-Mehrheit allerdings verfügt die Mecom-Gruppe.

In diesem Spannungsfeld zwischen Staat und Kapital hat sich die landesweit erscheinende „Rzeczpospolita“ als streng konservative Zeitung profiliert. Dazu beigetragen hat zweifellos der seit zwei Jahrzehnten andauernde Konkurrenzkampf mit der linksliberalen „Gazeta Wyborcza“ um die Meinungsführerschaft in Polen. Mit einer verkauften Auflage von rund 142.000 Exemplaren (September 2010) hat die „RZ“, wie die gängige Abkürzung lautet, zwar deutlich das Nachsehen gegenüber der „GW“ (325.000). Doch noch immer zitieren andere Medien die „Rzeczpospolita“ am häufigsten. Mit durchschnittlich mehr als 1000 Nennungen pro Monat führte die „RZ“ die Rangliste zwischen Januar und September 2010 klar vor der „GW“ an (ca. 700).

Angesichts der Konkurrenz gerät allzu leicht in Vergessenheit, dass die „Rzeczpospolita“ ähnlich wie die „Gazeta Wyborcza“  aus dem Ringen um die Freiheit und Eigenstaatlichkeit Polens entstanden ist. Mehr noch: Während die „GW“ ein Kind der friedlichen Revolution von 1989 ist, reichen die Wurzeln der „RZ“ in die Zeit des polnischen Freiheitskampfes im Zweiten Weltkrieg zurück. Allerdings bestand damals eine äußerst problematische Bindung an die stalinistische Sowjetunion. Die polnischen Kommunisten selbst waren es dann, die das Blatt 1950 wegen seiner Liberalität liquidierten.

1982 erlebte die „Rzeczpospolita“ nach dem Solidarnosc-Aufstand eine Wiedergeburt – erneut als Regierungszeitung. Mit diesem Erbe ringt die „Rzeczpospolita“ bis heute - ebenso wie mit ihrer Abgrenzung gegenüber der Politik. Angesichts einer laufenden Klage auf Auflösung des staatsnahen „RZ“-Verlags Presspublica ist die Zukunft der Traditionszeitung derzeit ungewiss.

Basisdaten

Hauptsitz:
ul. Prosta 51, 00-838 Warszawa, Polen
Telefon:  0048 22 628 43 01
Fax: 0048 22 628 05 88 oder 0048 22 653 00 00
Internet: http://www.rp.pl

Branche: Presseverlag
Produkte: überregionale Tageszeitungen, Lokalzeitung, Online-Angebote
Rechtsform: GmbH
Gründungsjahr: 1991

Druckauflage/verkaufte Exemplare: 187.113/142.250 (2009), 198.445/140.745 (Oktober 2010)
Reichweite: ca. 1,2 Millionen Leser
Format: Tabloid (seit 2007, vorher Broadsheet)

Umsatz: k. A.
Gewinn: k. A.
Beschäftigte: ca 600
Besitzverhältnisse: 51 Prozent Mecom Group (London) / 49 Prozent Verlag „Rzeczpospolita“ (in polnischem Staatsbesitz)

Unternehmensleitung:

  • Geschäftsführer: Pawel Bień
  • Stellvertreter: Radoslaw Dobrzyński, Maciej Letowski, Artur Sierant
  • Aufsichtsrat: Krzysztof Hofman (Vorsitzender), Keith Allen (stellv. Vorsitzender), Maciej Olender, Beata Kurbiel, Roman Czarnuch, Joanna Pilcicka, Truls Velgaard

Geschichte und Profil

Die Redaktionsräume der „Rzeczpospolita“ erstrecken sich labyrinthisch über zwei Stockwerke eines modernen Bürokomplexes an der Warschauer Ulica Prosta. Das heißt so viel wie „gerade, direkte Straße“. Direkt und geradeheraus will auch die Zeitung sein. Das allerdings war nicht immer so, genauer gesagt: Es konnte und durfte nicht immer so sein. In kommunistischen Zeiten blieb den Redakteuren der „RZ“ vielfach nichts anderes übrig, als mit Andeutungen und hintersinnigen Vergleichen zu arbeiten. Das war oft nicht leicht, teils sogar unmöglich und von manchen Autoren wohl auch nicht gewollt. Die heutigen Mitarbeiter blicken daher mit gemischten Gefühlen auf die Geschichte des Blattes zurück.

Verschleiert aber wird nichts. In den Konferenzräumen und auf den Fluren der „RZ“-Redaktion hängen historische Titelblätter aus, die auch von den schwierigen Zeiten zeugen. Die Geburtsstunde der „Rzeczpospolita“ gehörte zweifelsohne dazu. Im Juli 1944 ließ das von Moskau aus gesteuerte kommunistische Volksbefreiungskomitee (PKWN) die erste Ausgabe der Zeitung in Ostpolen verteilen, in das die Rote Armee vorgerückt war. Um dem Eindruck der Kommunistenhörigkeit entgegenzuwirken, griff der erste Chefredakteur der PKWN-Zeitung, Jerzy Borejsza, zu einem Trick. Seine Titelidee „Rzeczpospolita“ rekurrierte auf eine gleichnamige christlich-nationale Publikation der Zwischenkriegszeit und sollte Vertrauen bei konservativen Polen wecken.

Letztlich aber hatte all dies wenig reale Bedeutung. Die „RZ“ wurde zum Spielball reiner Machtpolitik. Hatten viele PKWN-Kämpfer 1944/45 ehrlich daran geglaubt, ein sozialistisches, aber unabhängiges Polen schaffen zu können, raubte ihnen Stalin diese Illusion nach dem Krieg schnell. Die in Warschau installierte sowjetische Satellitenregierung ging bald auf Distanz zu den Machern der „Rzeczpospolita“. Die neuen Herrscher ließen Borejsza unter dem Vorwurf des Liberalismus fallen und stellten die „RZ“ 1950 mit der Begründung ein, neben dem kommunistischen Parteiorgan „Trybuna Ludu“ („Volkstribüne“) bedürfe es keiner Regierungszeitung.

Gut 30 Jahre gingen ins Land, bis sich diese Einschätzung änderte und die „Rzeczpospolita“ erneut das Licht der Welt erblickte. Die Volksrepublik Polen taumelte zu Beginn der 1980er Jahre am wirtschaftlichen Abgrund entlang. Vor diesem Hintergrund versuchten die herrschenden Kommunisten, Verantwortung von der Partei auf die Staatsführung abzuwälzen. In KP-Kreisen entstand die Idee, unter dem altbekannten Titel „Rzeczpospolita“ wieder eine Regierungszeitung herauszugeben. 1982 war es soweit: Zwei Jahre nach dem Aufstand der Solidarność und noch während in Polen das Kriegsrecht galt, kehrte die „RZ“ in die Zeitungskioske  zurück.

Den Freiheitskämpfern der Solidarność war die Tradition der „Rzeczpospolita“ als staatsnahe Zeitung suspekt. Als die unabhängige Gewerkschaftsbewegung nach der friedlichen Revolution von 1989 die Regierung stellte, entließ der erste Solidarność-Premier Tadeusz Mazowiecki die „RZ“ in die publizistische und wirtschaftliche Freiheit. Allerdings zog sich der polnische Fiskus als Miteigentümer nicht komplett zurück. In einem polnisch-französischen Gemeinschaftsunternehmen übernahm der Pariser Verleger Robert Hersant („Le Figaro“, „France Soir“) 1991 eine 51-Prozent-Mehrheit an der neu geschaffenen GmbH „Presspublica“.

Bei dieser Konstruktion mit einem starken Staatsanteil blieb es bis heute, obgleich die ausländischen Eigentümer wechselten. 1996 kaufte die norwegische Orkla-Gruppe den Hersant-Anteil. Zehn Jahre später stieg anstelle der Norweger die Mecom-Gruppe als Mehrheitseigner bei Presspublica ein. Die als kapitalistische „Heuschrecken“ verschrienen Briten setzten bei der „Rzeczpospolita“ im Zusammenspiel mit der kurz zuvor ins Amt gekommenen national-konservativen Regierung von Jaroslaw Kaczynski eine neue Führungsriege ein.

Besonders die Berufung des heute 42-jährigen Chefredakteurs Pawel Lisicki sorgte bei der Opposition für Unmut. Spekulationen, Kaczynski und Mecom hätten einen Handel geschlossen, demzufolge die „RZ“ zur Speerspitze der Regierungspolitik werden sollte, wollen bis heute nicht verstummen. Tatsache ist, dass in diesem Kontext zahlreiche Redakteure das Blatt nach 2006 verließen beziehungsweise verlassen mussten.

An der grundsätzlichen inhaltlichen Ausrichtung der „Rzeczpospolita“ hat sich jedoch - trotz dieser Zuspitzung und ungeachtet aller Besitzerwechsel - in den vergangenen 20 Jahren wenig geändert. Die „RZ“ gilt trotz ihrer kommunistischen Vergangenheit als rechtsgerichtet und elitär. Der erste Chefredakteur nach der friedlichen Revolution von 1989, Dariusz Fikus, gehörte wie der damalige Premier Mazowiecki dem katholisch-konservativen Teil der Solidarność an und drückte der „Rzeczpospolita“ seinen Stempel auf. In der Folge verfestigte sich dieses Profil, wofür nicht zuletzt die Konkurrenzsituation mit der linksliberalen „Gazeta Wyborcza“ verantwortlich zeichnete.

Lange Zeit teilten sich die beiden überregionalen Blätter den polnischen Tageszeitungsmarkt untereinander auf. Mit ihrer ausgeprägten politischen Orientierung punkteten sie fast automatisch bei ihren Anhängern. Dies änderte sich erst 2006, als der deutsche Springer-Konzern mit seinen an der „Welt“  und der „Bild-Zeitung“ orientierten Publikationen „Dziennik“ und „Fakt“ auf den polnischen Markt drängte. Die „Rzeczpospolita“ begegnete dem neuen Konkurrenzdruck – auch unter politischer Einflussnahme – während der Kaczynski-Ära mit der erwähnten national-konservativen Zuspitzung. Antideutsche und antirussische Kommentare gehörten in der „RZ“ in den Jahren 2006 und 2007 zum guten Ton.

Ein besonderes Augenmerk widmete die „Rzeczpospolita“ in jener Zeit der Aufarbeitung der kommunistischen Vergangenheit Polens. Die Kaczynski-Regierung versuchte damals, eine Durchleuchtung der gesamten Gesellschaft ins Werk zu setzen, um angeblich weiter existierende KP-Seilschaften aufzudecken. Die „Rzeczpospolita“ spielte dabei in gewisser Weise eine Vorreiterrolle. Anfang 2005 hatte der „RZ“-Redakteur Bronislaw Wildstein im Warschauer Institut für Nationales Gedenken (IPN) eine Namensliste von Personen ausfindig gemacht, die im Verdacht standen, mit dem kommunistischen Geheimdienst zusammengearbeitet zu haben.

Obwohl die Dokumente ungeprüft keine Beweiskraft besaßen, brachte Wildstein die Liste in Umlauf. Die Namen tauchten schließlich im Internet auf. In Polen brach eine Debatte über die ethischen Grenzen des investigativen Journalismus los. Die „RZ“-Führung sah schließlich keinen anderen Ausweg, als Wildstein zu entlassen. Er blieb dem Blatt aber verbunden und schreibt bis heute regelmäßig als Publizist, Kommentator und Blogger für die Zeitung.

Seit der Regierungsübernahme der rechtsliberalen Bürgerplattform (PO) unter Premier Donald Tusk hat sich die „Rzeczpospolita“ in einem milderen gesellschaftlichen Klima wieder auf ihre Kernkompetenzen konzentriert: die umfangreiche, nüchtern-sachliche Berichterstattung über Politik, Wirtschaft und Recht in Polen bei durchaus pointiert-konservativer Kommentierung. Zahlreiche Exklusivgeschichten prägen und krönen das Blatt.

Genau genommen sind es drei Zeitungen in einer, die heute die „Rzeczpospolita“ bilden. Sie sind jeweils farblich voneinander abgesetzt. Der „weiße“ Mantelteil deckt die Ressorts Politik, Meinung, Kultur, Wissenschaft, Sport und Vermischtes ab. Die „grünen“ Wirtschafts- und Finanzseiten bilden ein komplettes zweites, eingelegtes Buch. Es betont den Schwerpunkt, den die „RZ“ in ihrer Berichterstattung auf ökonomische Themen legt. Die „grüne RZ“ richtet sich zuallererst an die „Entscheider“ des Landes und soll den Anspruch des Blattes unterstreichen, Leitmedium für die Eliten zu sein. Nach einer Untersuchung aus dem Jahr 2008 lesen in den Führungsetagen der Unternehmen 55 Prozent der Manager die „RZ“. Der „gelbe“ Innenteil schließlich ist Rechts- und Verbraucherthemen gewidmet.

Die „Rzeczpospolita“ erscheint sechs Mal pro Woche, seit Oktober 2007 im Tabloid-Format (zuvor Broadsheet). An verschiedenen Wochentagen liegen dem Blatt diverse Supplemente zu Themen wie Reisen, Immobilien und Karriere bei. Freitags präsentiert das eher bunte Wirtschaftsmagazin „Eko+“ Hintergründiges aus der Welt der Ökonomie. Samstags liegt der „RZ“ das Pendant aus dem Feuilleton bei, die Essay-Sammlung „Plus-Minus“.

Verlagsüberblick, Management, Geschäftsfelder, Beteiligungen

Der Geschäftsführer des „RZ“-Verlags „Presspublica“, Pawel Bień, arbeitet in einem kleinen Büro im Stockwerk unter den Redaktionsräumen. Die Bescheidenheit signalisiert, dass die journalistische Qualität im Vordergrund steht, nicht allein der wirtschaftliche Erfolg. Das mag überraschen angesichts der Besitzverhältnisse mit einer Mehrheit des Finanzinvestors Mecom. Doch faktisch hat sich das Gesicht des Verlags nicht allzu stark gewandelt, seit im Jahr 2006 die Briten bei „Presspublica“ eingestiegen sind. Bis 2009 blieb der Norweger Truls Velgaard Geschäftsführer, der vom vormaligen Mehrheitseigner Orkla stammte (Mecom übernahm Orkla) . Als Velgaard in den Aufsichtsrat aufrückte, folgte ihm sein früherer Stellvertreter Bień auf dem Chefsessel im operativen Bereich. Den Staatsverlag „Rzeczpospolita“ als Minderheitseigner repräsentiert als prominentester Vertreter Krzysztof Hofman. Der Staatsekretär im Finanzministerium ist Aufsichtsratsvorsitzender bei „Presspublica“.

Größere Veränderungen gab es nach dem Besitzerwechsel im journalistischen Bereich mit dem Wechsel in der Chefredaktion und der Umstellung auf das Tabloid-Format. Beides signalisierte eine inhaltliche Offensive. In dieses Konzept passte auch die Übernahme der Tageszeitung „Zycie Warszawy“ („Warschauer Leben“) im  Jahr 2007. Das Hauptstadtblatt mit seiner auf lokale Entwicklungen konzentrierten Berichterstattung ergänzte den ausgeprägt überregionalen Anspruch der „Rzeczpospolita“ zu einer Zeit, als vor allem die deutsche Verlagsgruppe Passauer Neue Presse mit der Tochter „Polska“ auf dem Regionalzeitungsmarkt in Polen in die Offensive ging.

Bereits im Jahr 2005 hatte „Presspublica“ die „Gazeta Gieldy Parkiet“ („Börsenzeitung“) übernommen.  Das Blatt berichtet täglich über das Geschehen an den Finanzmärkten. Dies korrespondiert mit dem „RZ“-Schwerpunkt Wirtschaft.

Weitere Zukäufe blieben dann aber aus. Derzeit bemüht sich die „Rzeczpospolita“, mit einer starken Marketing-Offensive mehr Abonnenten zu gewinnen. Anders als die „Gazeta Wyborcza“, deren Verlag „Agora“ sich unter anderem mit dem Radiosender „TokFM“ im Medienmarkt breit positioniert hat, setzt die „Rzeczpospolita“ auf ihre Kernkompetenzen. Allerdings hat die „RZ“ ihren Online-Bereich zuletzt stark ausgebaut.

Internetpräsenz und Online-Performance

In den Redaktionsräumen in der Ulica Prosta haben die Macher der „RZ“ vor kurzem ein kleines TV-Studio eingerichtet. Dort zeichnen die Redakteure täglich aktuelle Interviews vor allem zu politischen Themen auf, um sie anschließend als Video auf der Startseite www.rp.pl zu veröffentlichen. Es ist dies ein bescheidener Versuch, gegen die Radiopräsenz des Agora-Verlags („Gazeta Wyborcza“) anzukämpfen.

Sehr aktiv ist die Blogger-Szene der „Rzeczpospolita“. Mehr als 30 Autoren kommentieren unter blog.rp.pl das aktuelle Geschehen in Polen und der Welt. Die Themenpalette reicht dabei von vielen politischen und wirtschaftlichen Kommentaren über kulturelle Fragen bis zu bunten Inhalten. Das E-Paper ist ebenso kostenpflichtig wie die Archivfunktion und der Zugang zu diversen Rankings. Mit derartigen verbrauchernahen Veröffentlichungen punktet die gedruckte „RZ“ immer wieder. Untersucht wird etwa die Qualität von Schulen, Krankenhäusern oder Steuerberaterbüros. Online sind die Ergebnisse der Analysen gegen Entgelt einzusehen. Billig sind diese Angebote nicht: Die Nutzung der Archivfunktion kostete zuletzt beispielsweise monatlich umgerechnet 60 Euro oder aber 600 Euro pro Jahr. Auch hier wird deutlich, dass die „RZ“ sich als Blatt der Besserverdienenden versteht.

Aktuelle Entwicklungen und Ausblick

Die Zukunft der „Rzeczpospolita“ ist aktuell (Stand Januar 2011) ungewiss. Vertreter des staatlichen Minderheitseigners haben bei einer Wirtschaftskammer in Warschau eine Klage auf Auflösung des Verlags „Presspublica“ eingereicht. Das Unternehmen habe dauerhaft seine ökonomischen Ziele verfehlt, argumentieren die Kläger. Der Staat als Miteigentümer leide darunter. Außerdem sei die Beteiligung der öffentlichen Hand an einem Printmedium fragwürdig, weil der Einfluss der Politik auf die journalistische Arbeit zu groß sei.

Branchenbeobachter sehen in der Klage den Versuch der rechtsliberalen Tusk-Regierung, Druck auf die Verlagsleitung auszuüben. Ziel könnte demzufolge die komplette Zerschlagung der konservativen „RZ“ sein oder zumindest die Abberufung von Chefredakteur Lisicki durchzusetzen. Dessen angeblich enge Verbindung zur Kaczynski-Partei „Recht und Gerechtigkeit“ ist der Tusk-Partei PO seit langem ein Dorn im Auge. Tatsache ist auch, dass die Regierung sich seit ihrem Amtsantritt um die Entflechtung von Staat und Medien bemüht, ohne dabei eigene Einflussmöglichkeiten ganz aus der Hand zu geben. So gab es mehrere Wechsel in den Führungsetagen des öffentlich-rechtlichen Rundfunks, der zuvor stark von der PIS geprägt war. Zu welchem Ergebnis diese politisch-medialen Kämpfe führen werden, ist offen.