Alphabet: 'Moonshots' geraten unter Druck der Wall Street

29.03.2016

Nest-CEO Tony Fadell. CC by OFFICIAL LEWEB PHOTOS

Im Februar veröffentlichte Googles Mutterkonzern Alphabet erstmals Umsatzzahlen aller Geschäftsbereiche. Im Zuge dessen wurde bekannt, dass im gesamten Geschäftsjahr 2015 mickrige 448 Millionen Dollar an Umsatz mit den acht Unterfirmen erwirtschaftet wurde, die allesamt noch nicht profitabel operieren und einen Verlust von knapp 3,5 Milliarden anhäuften. Neben Google sind nur die Unterfirmen Verily (die "Life Sciences"- Abteilung, die momentan beispielsweise an intelligenten Kontaktlinsen oder Genomprojekten arbeitet), Nest (intelligente Heizungen, Rauchmeldersysteme und Überwachungskameras) sowie Fiber (Alphabets Internet Service Provider, bzw. Glasfasernetz) in der Lage überhaupt Umsätze zu verzeichnen. Die restlichen Geschäftsbereiche von Alphabet (Calico, Google Ventures, Google Capital) sind dagegen noch im "Pre-revenue"-Stadium, was bedeutet, dass noch nicht absehbar ist, wann diese Geschäftszweige tatsächlich signifikante Umsätze generieren werden.

Doch selbst die als langfristige moonshots angelegten Aktivititäten wie selbstfahrende Autos oder Internet-generierende Heißluftballons geraten nun unter den Druck von Investoren. Die auf kurzfristige Gewinne schielende Wall Street gibt Alphabet anscheindend nicht genug Zeit. Davon zeugt unter anderem der jüngst verkündete Verkauf der Roboter-Sparte Boston Dynamics. Aktionäre hatten gehofft, das die von Alphabet erworbenenen Robotik-Unternehmen zumindest moonshots with discipline (also Start-Ups, die zumindest mittel- oder langfristig profitabel operieren). Doch Boston Dynamics ist anscheinend weit davon entfernt, in absehbarer Zeit Umsätze, geschweige denn Gewinn abzuwerfen. Experten zufolge ist der Verkauf von Boston Dynamics der Anfang vom vollständigen Rückzug aus den Robotik und evtl. auch dem künstlichen Intelligenz-Aktivitäten des Konzerns.

Doch auch die zumindest marginal umsatzträchtigen Firmen Verily und Nest sind unter Zugzwang geraten, endlich positive Ergebnisse zu erzielen. Nest, der Hersteller smarter Thermostate hat jedoch stattdessen in letzter Zeit mit den Eskapaden seines extrovertierten CEO Tony Fadell sowie einem Exodus an Mitarbeitern Schlagzeilen gemacht. Der ehemalige Apple Manager, der für die Entwicklung des iPods verantwortlich war, hat mit seinem autoritären Führungsstil einen erheblichen Teil der Belegschaft gegen sich aufgebracht und es bisher nicht geschafft, die für 3,2 Mrd. Dollar erworbene Kamera-Firma Dropcam erfolgreich in die Nest-Produktpalette zu integrieren. Das selbe gilt auch für Verily, Googles langfristig angelegtes Projekt, moderne Medizin zu revolutionieren. Bei Verily ist es CEO Andrew Conrad der mit seiner impulsiven Art Teile der Mitarbeiter zum Gehen veranlasst hat. Die visionären Ideen von Alphabet geraten immer in Konflikt mit der Realität. Oder wie Tony Fadell es ausdrückt: "Die Ära fiskalischer Disziplin überschattet alles."