Die 10 größten deutschen Medien- und Wissenskonzerne 2023

Lesedauer:

7–10 Minuten

10. Funke Mediengruppe

Umsatz 2022: € 1,143 Mrd.

Überblick

Schwerpunkt der Aktivitäten des Essener Funke-Konzerns (bis 2013 WAZ Mediengruppe), einem der größten Regionalzeitungsverlage Europas, ist traditionell der Zeitungs- und Zeitschriftensektor. 2012 hatte Petra Grotkamp (geb. 1943), jüngste Tochter des WAZ-Mitbegründers Jakob Funke, den fünfzigprozentigen Anteil der anderen Gründerfamilie Brost übernommen. Mittlerweile hat Petra Grotkamp die 100 Prozent, die sie dann an der Funke Mediengruppe hielt, an ihre drei Kinder übergeben.

Basisdaten

Hauptsitz:
Friedrichstraße 34-38
45128 Essen
Deutschland
Telefon: 0049 201 804-0
Internet: www.waz-mediengruppe.de, www.derwesten.de

Branchen: Zeitungen, Zeitschriften, Radio, Internet-Services, Pressevertrieb, Werbezeitenvermarktung, Rechtehandel
Geschäftsjahr: 01.01. – 31.12.
Rechtsform: GmbH & Co. KGaA
Gründungsjahr: 1948

Ökonomische Basisdaten

2022202120202019
Umsatz Gesamt (in Millionen Euro)1.1431.1191.142,51.210,4
Mitarbeitern/a5.4036.286n/a

Quellen: Bundesanzeiger (2021), Die Deutsche Wirtschaft.de (2020)

Geschäftsführung

Führungsteam:

  • Simone Kasik, Konzerngeschäftsführerin, Chief Financial Officer
  • Christoph Rüth, Konzerngeschäftsführer, Regionalmedien, Druck, Logistik, IT
  • Stephan Thurm, Mitglied Executive Board, Digitalsparte
  • Jesper Doub, Management Zeitschriften
  • Jochen Beckmann, Management ZeitschriftenChristoph Rüth

Gesellschafterinnen und Gesellschafter:

  • Julia Becker
  • Nora Marx
  • Niklas Wilcke

Geschichte

Keimzelle der Zeitungsgruppe WAZ war die 1948 von dem Sozialdemokraten Erich Brost (1903-1995) und dem konservativen Verleger Jakob Funke (1901-1975) gegründete „Westdeutsche Allgemeine Zeitung“. Nachdem die Zeitung durch Auflagensteigerung und Zukäufe kleinerer Blätter eine marktbeherrschende Stellung im Ruhrgebiet erworben hatte, kaufte sich der WAZ-Verlag 1974 bei der „Westfalenpost“ ein. Günther Grotkamp (1927-2023), in Essen-Werden geborener Betriebswirt und Jurist, war 1960 als Justiziar und Personalchef in den Verlag eingetreten, wurde zum engsten Vertrauten von Jakob Funke, auch Ehemann von Funkes jüngster Tochter Petra und laut einem Nachruf „Architekt der Funke Mediengruppe“.

Denn in den Folgejahren übernahm man auch die Dortmunder SPD-Zeitung „Westfälische Rundschau“ und die „Neue Rhein/Neue Ruhr Zeitung“. 1976 wurde die WAZ-Gruppe gegründet. Ihr Verbreitungsgebiet reichte von der holländischen Grenze bis nach Ostwestfalen und ins Sauerland („Iserlohner Kreisanzeiger“). Das Geschäftsführer-Duo bestand aus Günther Grotkamp, Funke-Bevollmächtigter, und Erich Schumann (1930-2007), Adoptivsohn von Erich Brost und Bevollmächtigter der Brost-Seite.

Das von Grotkamp erfundene WAZ-Modell entstand: Teile der WAZ-Mediengruppe machten sich selbst Konkurrenz, was auch mit Auflagen des Bundeskartellamts zusammenhing. Die im Ruhrgebiet führenden regionalen Abo-Zeitungen kooperierten in Verwaltung, Produktion, Vertrieb und Anzeigengeschäft; die einzelnen Labels und Redaktionen aber blieben eigenständig, die Zeitungen journalistisch unabhängig. Unter Günther Grotkamps Führung expandierte die WAZ-Mediengruppe zum nationalen und später internationalen Medienkonzern, galt in der Branche lange als eines der renditestärksten Medienunternehmen Deutschlands.

Nach dem Tod der beiden Gründer ergab sich eine komplexe Reihe von Aufteilungen des Erbes. Die Anteile Jakob Funkes gingen zunächst 1975 an die Töchter Petra Grotkamp, Gisela Holthoff, Renate Schubries und Ute de Graffenried (die sich aber 1989 auszahlen ließ). Gisela Holthoffs Anteile erbte 2011 ihr Adoptivsohn, der Rechtsanwalt und Unternehmer Stephan Holthoff-Pförtner (dann auch Sprecher der Funke-Seite, und von 2017 bis 2021 Minister für Bundes- und Europaangelegenheiten sowie Internationales in Nordrhein-Westfalen). 60 Prozent der Anteile Erich Brosts wiederum erbte 1995 seine Witwe Anneliese Brost, 40 Prozent der von Erich Brost 1985 adoptierte langjährige Geschäftsführer Erich Schumann. Weiter gingen nach dem Tod von Schumann (2007) und Anneliese Brost (2010) die Anteile der Brost Verwaltungs-GmbH an die drei Enkel von Erich Brost.

In der Folge hielten die zwei Verwaltungsgesellschaften jeweils 50 Prozent der Anteile, die beiden Gruppen konnten nur „einvernehmlich entscheiden“, was zu ziemlichem Streit führte. Man stand sich vor Gericht gegenüber, hat sich blockiert. Das manager-magazin schrieb 2006: „Denn die Leute von der WAZ sind nicht nur mit Glücksgütern gesegnete, sondern auch raue und rabiate und üble und überhaupt ganz liebenswerte Burschen, die vor nichts Angst haben und sich mit jedem anlegen, der ihnen dumm oder dämlich kommt, und wenn’s die eigenen Leute sind.“ Oder die SZ schrieb später, am 22.12.2011, über „die WAZ-Gruppe, die gerne ein Medienkonzern wäre – oft aber einfach nur ein zerstrittener Haufen war, ein durch Anwälte und Berater institutionalisierter Familienkrach der Eigentümer-Clans.“

Lange Zeit erweckte die Gruppe den Eindruck, über ein gutes finanzielles Polster zu verfügen. Nach der Wiedervereinigung wurden drei Thüringer Zeitungen gekauft, zahlreiche Frauen- und TV-Zeitschriften und die „Braunschweiger Zeitung“, und man unternahm Neugründungen im privaten Rundfunk und von Online-Medien. Im Dezember 2007 gehörte die Gruppe zu den aussichtsreichen Bietern für die „Süddeutsche Zeitung“. Als sehr profitabel wurde auch die Expansionsstrategie in Südosteuropa dargestellt. Gelegentlich gab es – so in Bulgarien – Probleme mit nationalistischen Strömungen, die WAZ aber feierte sich stets „als einziges Medienhaus, das seinen Journalisten den Rücken freihält“ (Bodo Hombach, erstmals ein nicht aus der Familie stammender Geschäftsführer). Einer weiteren Regionalisierung, einer Investition in die Kernmarken und engeren Verzahnung von regionaler Presse, Internet und TV schien nichts entgegenzustehen.

Im September 2008 allerdings verkündete die Geschäftsführung wegen eines „Ergebnisproblems“ einen rigorosen Sparkurs und eine Abkehr vom bewährten WAZ-Modell, den eigenständigen, regional verankerten Zeitungstiteln. Nun sollte es im Kernland mit den Titeln „WAZ“, „NRZ“, „Westfälische Rundschau“ und „Westfalenpost“ bislang ungenutzte Synergien und ein Sparpotential von 30 Millionen Euro geben. Selbst betriebsbedingte Kündigungen schloss die Geschäftsführung nicht aus; 262 Redakteursstellen sollten entfallen, d.h. jeder vierte Festangestellte der vier Ruhrgebietstitel entlassen werden.

2012 übernahm Petra Grotkamp, die 1943 geborene jüngste Tochter des Konzerngründers Jakob Funke, die Anteile der Familie Brost (50 Prozent) für laut Informationen des „Hamburger Abendblatts“ 500 Millionen Euro. Es endete, nach 63 Jahren, die Aufteilung in zwei Eigentümerfamilien; die Phase, in der jedem Clan daran gelegen war, dem anderen Anteile abzukaufen. Geschäftsführer Bodo Hombach legte sein Amt nieder und bekräftigte, er sehe in der Neuordnung des Konzerns „eine große Chance für eine neue WAZ-Ära in einer im Umbruch befindlichen Medienlandschaft“. Der Verkauf von Zeitungen sowie ein Stellenabbau waren laut Unternehmenskreisen nicht geplant, stattdessen sollte eine Qualitätsoffensive gestartet werden. Das Gegenteil war der Fall: Die gesamte Redaktion der „Westfälischen Rundschau“ wurde geschlossen (was zu 4.000 bis 5.000 Abonnementskündigungen führte), ebenso wie die komplette thüringische Online-Einheit.

Im März 2013 änderte der Konzern den Namen in Funke Mediengruppe, im Sommer dann wurden, für Beobachter überraschend und unverständlich, unter Aufnahme hoher Schulden diverse Regionalzeitungen und TV- und Frauenmagazine von Axel Springer gekauft (Kaufpreis: 920 Millionen Euro). Und 2015 wurde eine neue Zentralredaktion von Ex-Focus-Chefredakteur Jörg Quoos in Berlin aufgebaut, das Content-Desk in Essen wurde geschlossen. Der Journalistenverband DJV kritisierte, dass man die Essener Journalisten über diese Pläne im Dunkeln gelassen hatte.

Management

Das Funke-Führungsteam besteht aus Simone Kasik, Chief Financial Officer, kaufmännische Konzernleitung mit den Bereichen Controlling, Corporate Finance, HR, Recht, Compliance/Real Estate; Christoph Rüth, Zeitungsbereich; Stephan Thurm, geschäftsführende Verantwortung für die Digitalsparte; Jesper Doub und Jochen Beckmann, Leitung des Zeitschriftenbereichs: sämtliche Marken des Frauen-, Lifestyle-, Programm- und Rätsel-Portfolios.

Petra Grotkamp übertrug ihre Anteile am Konzern 2017 zu gleichen Teilen an ihre drei Kinder Julia Becker, Nora Marx und Niklas Wilcke. Seit 1. Januar 2018 ist Julia Becker Funke-Aufsichtsratsvorsitzende. Juni 2021 wurde bekannt, Becker, Marx und Wilcke hätten sämtliche Gesellschafteranteile übernommen, zwischen 250 und 280 Millionen Euro sollen sie für die Minderheitsanteile der Mitgesellschafter Renate Schubries – einer Schwester von Petra Grotkamp – und Stephan Holthoff-Pförtner bezahlt haben. Die Grotkamp-Kinder bzw. Geschwister sind jetzt alleinige Eigentümer der Verlagsgruppe.

Geschäftsfelder

Printmedien
Printmedien und die Anzeigenvermarktung sind das Kerngeschäft des Konzerns. Die Verlagsgruppe verlegte 2024 in Deutschland über 18 Tageszeitungen, 40 Zeitschriften und mehr als 100 Anzeigenblätter mit einer Auflage von 4,2 Millionen Exemplaren (2024). Neben dem Stammblatt der „Westdeutschen Allgemeinen Zeitung“ (WAZ), die zu den größten Regionalzeitungen Deutschlands zählt, und den regional bedeutenden Titeln „Neue Ruhr/Neue Rhein Zeitung“, „Westfalenpost“, „Westfälische Rundschau“ und dem „Iserlohner Kreisanzeiger“ (Gesamtauflage 2024 von WAZ + NRZ + WP + WR + IKZ: 336.224), und der „Thüringer Allgemeinen“, „Ostthüringer Zeitung“, „Thüringische Landeszeitung“, „Braunschweiger Zeitung“, „Berliner Morgenpost“ und „Berliner Woche“ gibt es weitere Regionalausgaben.

Zu den bekanntesten Zeitschriftentiteln zählen „Gong“, „Hörzu“, „Bild + Funk“, „TVdirekt“, „Das goldene Blatt“, „Bild der Frau“, „Echo der Frau“, „Frau aktuell“, „Frau im Spiegel“, „Ein Herz für Tiere“, „Frau von heute“ und „die aktuelle“. Auf dem Markt der Anzeigenblätter ist die Gruppe im Ruhrgebiet führend. Hier gibt sie als Teilhaberin des Verbundes aus Westdeutscher Verlag und Werbegesellschaft (WVW, hundertprozentige WAZ-Tochter) und der Ostruhr Anzeigenblattgesellschaft (ORA, jeweils fünfzigprozentige WAZ- und „Ruhr Nachrichten“-Tochter) kostenlose Anzeigeblätter mit 76 Titeln und einer wöchentlichen Auflage von über fünf Millionen Exemplaren heraus. Seit 2007 ist der Konzern nach der Übernahme des „Klartext-Verlags“ auch im Buchverlagswesen aktiv. 

TV/Radio
Die Minderheitsbeteiligung an der RTL-Group hat Funke 2005 für 520 Millionen Euro an den Hauptgesellschafter Bertelsmann zurückverkauft. Beteiligt ist man weiterhin an elf lokalen Hörfunksendern in NRW und einem in Niedersachsen.

Online
2007 wurde „DerWesten.de“ freigeschaltet, das die regionale und lokale journalistische Kompetenz der Gruppe im Ruhrgebiet stärken und die verschiedenen Zeitungslabels übergreifen soll. Nach Konzernangaben handelt es sich bei der Seite um das bundesweit größte regionale Nachrichten-Portal.

Seit dem Frühjahr 2014 wird ein Großteil der digitalen Aktivitäten in einer neuen Zentrale in Berlin gebündelt. Dort wurde das Tochterunternehmen Funke Digital gegründet, das heute unter anderem die Online-Boulevardportale „News38.de“, „Moin.de“, „DerWesten.de“ und Onlinemagazine wie „Futurezone.de“, „Leckerschmecker.me“ und „Einfachschön.me“ betreibt.

2014 stieg Funke in den Onlinemarkt für Stellenanzeigen ein und übernahm „joblocal.de“. 2015 wurde dann „absolventa.de“ dem Portfolio hinzugefügt. In den letzten Jahren folgte noch das Gesundheitsportal „Onmeda.de“ und 2024 wurde das große Musikportal „Schlager.de“ von der Funke Digital akquiriert.

Druckbetriebe
Der Konzern verfügt über zwei „konzerneigene Druckzentren“ in Hagen und Braunschweig. Wo Zeitungen, Zeitschriften, Beilagen und Anzeigenblätter produziert werden.

Vertriebs- und Dienstleistungsbetriebe
1979 wurde die MZV Moderner Zeitschriften Vertrieb GmbH & Co. KG gegründet, das zweitstärkste Unternehmen im Vertriebsmarkt nach Axel Springer (in der MZV ist seit 2010 auch Hubert Burda Media Gesellschafter, die Mediengruppe Klambt seit 2022.

Aktuelle Entwicklung

Am 24. März 2025 wurde bekannt: Bertelsmann verkauft bzw. die Funke Mediengruppe übernimmt „Brigitte“, „Gala“ und „Eltern“. Funke Pressemeldung: „Gut zehn Jahre nach der Übernahme eines Großteils des Print-Portfolios von Axel Springer handeln wir mit der Übernahme dieser drei großartigen Marken erneut entsprechend unserer tiefen Überzeugung, dass unabhängiger Journalismus eine Zukunft hat.“ Der Deutsche Journalisten-Verband allerdings dazu: „Es kommt jetzt darauf an, dass die Titel und Arbeitsplätze auch nach dem Wechsel zur Funke Medien Gruppe am Standort Hamburg langfristig erhalten bleiben“

Anfang März 2025 auch die Meldung: Funke Digital expandiert nach Skandinavien und steigt bei der Media Group Denmark ein (MGDK), einem 2014 gegründeten Medien-Unternehmen. MGDK, führendes digitales Medienhaus in Dänemark, auch in Norwegen und Schweden aktiv, betreibt Nachrichten- und Website-Angebote, etwa aus den Themenbereichen News, Sport, Entertainment, Tech und Food.

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